80 Jahre Kriegsende: Jüdische Perspektiven auf Neuanfänge in Deutschland und Europa der Nachkriegszeit
7.-9. Mai 2025
Eine Konferenz zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa des Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch jüdische Studien in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Leo Baeck Institut (Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft). Mit Unterstützung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.
Veranstaltungsort:
Schloss Glienicke
Konferenzraum
Königstraße 36
14109 Berlin
Anmeldung: Bis spätestens 30. April 2025 an tagungen-mmz@uni-potsdam.de. Die Plätze sind limitiert.
Organisation und Ansprechpartnerin:
Dr. Martina Bitunjac
E-Mail: mbitunja@uni-potsdam.de
Die Leo Baeck Institute feiern in diesem Jahr ihr 70-jähriges Bestehen. Diese Konferenz ist Teil des inhaltlichen Programms im Jubiläumsjahr.
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht und der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Zwei Monate später entschieden Vertreter der drei alliierten Großmächte USA, Großbritannien und Sowjetunion auf der Potsdamer Konferenz im Schloss Cecilienhof über die politische und demografische Zukunft Europas, in dem zuvor nie dagewesene Formen der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen worden waren. Neben der Erleichterung darüber, dass nun Frieden einkehrte, sahen sich Holocaust-Überlebende nach der Befreiung der Konzentrations- und Vernichtungslager durch die Siegermächte mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Sie verharrten in ihrem kranken und geschwächten seelischen und körperlichen Zustand monate- oder gar jahrelang in Einrichtungen für Displaced Persons, warteten entweder auf die Zurückführung in ihre Heimatländer, die von verschiedenen, auch jüdischen Organisationen durchgeführt wurde, oder sie hofften auf einen Neuanfang in einem anderen Land. Individuelle Orientierungs-, Identitäts- und Existenzkämpfe verknüpften sich in dieser unmittelbaren Nachkriegszeit mit extremen traumatischen Erfahrungen, die sich, wie wir heute wissen, auf die nächsten Generationen übertragen konnten. Zudem war der Antisemitismus in Europa nach Kriegsende nicht einfach verschwunden, sondern belastete die Überlebenden des Holocausts zusätzlich. Dies betraf insbesondere jüdische Menschen, die nach dem Krieg ihr geraubtes bzw. „arisiertes“ Eigentum zurückforderten. In Ländern wie Polen und der Slowakei kam es in diesem Zusammenhang sogar zu gewaltsamen Pogromen gegen jüdische Rückkehrer.
Die internationale Konferenz beleuchtet jüdische Perspektiven hinsichtlich existenzieller, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und intellektueller Neuanfänge im ideologisch-politisch geteilten Deutschland und Europa bis zum Bau der Mauer im Jahre 1961. Es werden Erfahrungswelten jüdischer Rückkehrer, Displaced Persons und die Arbeit von Hilfsorganisationen vorgestellt sowie jüdische Identitäts- und Entscheidungsfindungen im Kontext der sich im Wandel befindenden europäischen Gesellschaften aufgezeigt, und es wird über Fragen der Wiedergutmachung, der Abrechnung mit Nationalsozialisten sowie der justiziellen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen debattiert.
Vorläufiges Programm
Mittwoch, 7. Mai 2025
16:00 Ortsbegehung mit Gideon Botsch: „Fackeln auf der Bastion. Der Schlosspark Glienicke und die intellektuelle Neugründung der Bundesrepublik um 1960“
17:30 Einlass und Registrierung
18:00 Eröffnung
Begrüßung
Miriam Rürup (Direktorin des MMZ)
Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung)
Keynote
Michael Brenner (Washington, D.C.): Befreit – aber nicht frei. Keynote zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa
Anschließend: Empfang
Donnerstag, 8. Mai 2025
10:00 Begrüßung
Christoph Martin Vogtherr (Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg)
10:15 – 11:45, Panel 1: Erfahrungswelten von jüdischen Displaced Persons in Deutschland und Europa
Chiara Renzo (Milan): Living in Refugee Camps: Transnational Jewish Networks and Humanitarian Efforts in Postwar Europe
Martina Bitunjac (Potsdam): Repatriierung durch Umwege: Erfahrungen befreiter Holocaust-Überlebender aus dem post-jugoslawischen Raum
Katarzyna Person (Warsaw): Polish Jews and the Memory of Former Homeland in the Displace Persons Camps in Occupied Germany
11:45 – 12:00 Kaffeepause
12:00 – 13:15, Panel 2: Zwischen den Besatzungszonen: Identitäten und Orientierungen deutsch-jüdischer Holocaust-Überlebender
Anna Koch (London): Searching for the Other Germany: How German Jews Negotiated Germanness in the Aftermath of the Holocaust
Anat Feinberg (Heidelberg): Das Exil im Rücken: Jüdische Theaterkünstler in Deutschland nach 1945
13:15 – 14:30 Mittagessen
14:30 – 15:45, Panel 3: Bleiben oder Auswandern? Jüdische Erfahrungswelten außerhalb Deutschlands
Markus Nesselrodt (Berlin/Frankfurt Oder): Überlebende und Rückkehrer: Juden in Polen nach dem Holocaust
Kata Bohus (Trondheim): Iron Pills, Quarantine and the Beautiful Sea. Hungarian Jewish Survivors in Rehabilitation Centres in Postwar Sweden
15:45 – 17:30, 80 Jahre Kriegsende - 70 Jahre Leo Baeck Institut: Die deutsch-jüdische Diaspora. Launch eines neuen digitalen Projektes anlässlich des 70-jährigen Jubiläums des Leo Baeck Instituts
Miriam Rürup und Lisa Sophie Gebhard
17:30 – 18:00 Kaffeepause
18:00 – 20:30, Öffentliche Abendveranstaltung mit Gespräch und Musik: Unter anderem mit dem musikalischen Programm: Meret Becker und Dietmar Loeffler interpretieren Barbara
Anschließend: Empfang
Freitag, 9. Mai 2025
10:00 – 11:30, Panel 4: Restitution von Kulturgut und intellektuelle Neuanfänge
Inka Bertz (Berlin): Raub und Restitution: Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute
Julia Schneidawind (München): Bücher in fremden Händen – Deutsch-jüdische Privatbibliotheken nach 1945
Andrea Sinn (Elon, NC, USA): Redefining Home: Jewish Politics, the Press, and the Question of Belonging in post-Holocaust Germany
Kaffeepause 11:30 – 11:45
11:45 – 13:00, Panel 5: „Auf der Suche nach Gerechtigkeit“: Entschädigung von Holocaust-Überlebenden und Ermittlungsverfahren gegen nationalsozialistische Verbrecher
Daniel Siemens (Newcastle/UK): Frühe Überlegungen zur Entschädigung jüdischer Überlebender im besetzen Deutschland: Die Gründung der United Restitution Organisation (URO) in London 1946–48
Constantin Goschler (Bochum): Benjamin B. Ferencz zwischen Aufarbeitung und Prävention
Annette Weinke (Jena): Fritz Bauer, der juristische Umgang mit NS-Massenverbrechen und das „neue“ Völkerstrafrecht
Ende der Konferenz
