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Dialog # 104 / März 2025
1 / Intro
Liebe Freundinnen und Freunde des Moses Mendelssohn Zentrums,
wir freuen uns, Ihnen heute den ersten elektronischen Newsletter dieses Jahres zu senden. Seit unserer letzten digitalen Ausgabe des DIALOG liegen erneut Wahlen hinter uns, die uns noch immer beklommen und zugleich kämpferisch zurücklassen. Mehr denn je gilt es, unser demokratisches Gemeinwesen zu stärken, Diskursräume zu öffnen und aktiv offen zu halten. Dies sehen wir nun weiterhin als unsere Aufgabe. Vielleicht sei mir an dieser Stelle ein Hinweis auf ein ausgedehntes, nachhörbares Gespräch mit einem Mitglied des MMZ-Vereins erlaubt: Ende Januar durfte ich als Gast bei Carolin Emcke im SZ-Podcast „In aller Ruhe“ über die aktuelle politische Situation sprechen und was sie auch für Forschungsinstitute wie das Unsrige für Auswirkungen hat bzw. wie wir damit umzugehen gedenken.
Doch dieses Jahr beginnt nicht nur mit erschütternden politischen Entwicklungen, sondern ist zugleich das 80. Jahr nach Ende des Zweiten Weltkrieges – und so freue ich mich sehr, dass wir gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft des Leo Baeck Instituts zu den Befreiungsfeierlichkeiten rund um den 8. Mai eine vielseitige, international hochkarätig besetzte Konferenz in Schloss Glienicke auf den Weg bringen konnten. Zudem freuen wir uns, den 8. Mai mit einem ganz besonderen Event begehen zu können. Meret Becker und Dietmar Loeffler werden Auszüge aus ihrem Programm „Nachtblau. Chanson für eine Abwesende“ präsentieren. Hierin stellen sie das Werk der Künstlerin Barbara vor, eine der großen Vertreterinnen des französischen Chansons und als französische Jüdin Protagonistin der frühen deutsch-französischen Begegnung in der Nachkriegszeit. Schauen Sie gern unten in die Beschreibung und melden Sie sich beizeiten an, wenn Sie an einer Teilnahme interessiert sind!
Ein weiterer Grund zur Freude sind zwei personelle Neuerungen am MMZ: Johann Henningsen hat zum März als Doktorand im VW-Projekt zur extremen Rechten zu arbeiten begonnen. Er wird in den kommenden drei Jahren an einer integrierten Geschichte des Pogroms von Rostock 1992 arbeiten – schauen Sie auch hier weiter unten für eine Veranstaltungsankündigung aus dem Bereich.
Zudem hat Agnieszka Wierzcholska ihre Arbeit bei uns aufgenommen auf einer bei der DFG eingeworbenen Stelle. Sie war bereits 2022 Hilde Robinsohn-Guest Fellow am MMZ (zur aktuellen Ausschreibung) und forscht nun als Postdoc zu Dovid Eynhorn und einer transnationalen Geschichte jiddischsprachiger Intellektueller. Im nächsten Dialog können Sie mehr dazu erfahren. Oder Sie schauen immer mal wieder auf unserer Webseite oder in unseren Social Media Kanälen – inzwischen bei Bluesky, Facebook, Instagram und Mastodon – vorbei für Neuigkeiten zu und aus unseren Forschungsprojekten!
Liebe Leser:innen, ich wünsche Ihnen nun im Namen des gesamten Teams viele erkenntnisreiche Einblicke bei der Lektüre dieses Newsletters. Vielleicht verleitet das ein oder andere Sie zu einem Blick in unsere virtuelle Präsenz und Sie stöbern durch die vor uns liegenden Aktivitäten. Und wie immer gilt: Noch mehr heißen wir Sie natürlich auch in Person willkommen – sollte die eine oder andere Ankündigung Ihr Interesse finden, oder es Sie in unsere wunderschönen Bibliotheksräume mit reichhaltigem Bücherangebot ziehen: Wir freuen uns auf Sie!
Es grüßt Sie herzlich
Miriam Rürup und das Team des MMZ
2 / Veranstaltungen

Zeitzeug:innenberichte rumänischer Rom:nja vom Pogrom in Rostock-Lichtenhagen 1992
Zeit: Donnerstag, 27. März 2025, 19:00 Uhr
Ort: Bildungsforum gegen Antiziganismus (Prinzenstraße 84.2, Berlin)
Veranstaltungssprache: Englisch
Auf dieser, von dem bei uns zum Thema des Pogroms in Rostock-Lichtenhagen promovierenden Johann Henningsen mit organisierten Veranstaltung werden Videointerviews mit Überlebenden präsentiert. Diese fanden in der bisherigen Erinnerungskultur kaum Gehör. Ihre Perspektiven sind Teil umfassender Recherchen, die 2025 in Buchform unter dem Titel „Wir entkamen auf eigene Faust“ veröffentlicht wurden.
Welche Formen der Aufarbeitung gab es bislang? Welche Konsequenzen hatte das Pogrom für die Betroffenen? Und welche Forderungen stellen sie an die Gesellschaft? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Diskussion mit Izabela Tiberiade.
Izabela Tiberiade ist Menschenrechtsbildnerin und Teil der Roma Genocide Remembrance Initiative. Sie forscht zur Migration von Rom:nja in Europa und den USA und setzt sich seit Jahren für die Anerkennung von Genoziden, Bildungsprogramme zu Menschenrechten, Antiziganismus und Gedenken ein.
Im Juli 2022 führte sie eine Reihe von Interviews mit Überlebenden und Zeug:innen des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen – darunter vier Rom:nja, die 1992 als Geflüchtete im Sonnenblumenhaus untergebracht waren: Leonora Dumitro, Mariou Dumitro, Romeo Tiberiade und Ioana Miclescu. In ihren Berichten schildern sie ihre Flucht nach Deutschland, die Tage der rassistischen Angriffe und ihr Leben nach dem Pogrom. Tiberiades eigene Eltern waren unter den Betroffenen dieser Gewalt.
Während der Veranstaltung wird die Autorin über den Entstehungsprozess der Interviews sprechen, Einblicke in die gesammelten Geschichten geben und die Bedeutung der Bewahrung dieser Zeugnisse für zukünftige Generationen diskutieren.

Verbindungslinien: Hugo Simon und Thomas Mann
Zeit: Sonntag, 27. April 2025 um 14 Uhr
Ort: Schweizerhaus Seelow (Eintritt 5 Euro)
Hugo Simon und Thomas Mann verband eine vielschichtige Beziehung, die bislang nur in Ausschnitten bekannt ist: So war der bekannte Schriftsteller bei Simons in Berlin und Seelow zu Gast; auch in der Exilzeit hielten sie Kontakt und unterstützen sich gegenseitig.
Über diese Verbindungslinien spricht Anna-Dorothea Ludewig (MMZ/Hugo Simon Stiftung) mit der Germanistin Irmela von der Lühe, die sich intensiv mit der Familie Mann befasst und u.a. eine Erika Mann-Biographie vorgelegt hat.

Konferenz: „80 Jahre Kriegsende: Jüdische Perspektiven auf Neuanfänge in Deutschland und Europa der Nachkriegszeit“
Vom 7.–9. Mai 2025 richtet das MMZ, zusammen mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft des Leo Baeck Instituts, die Konferenz „80 Jahre Kriegsende: Jüdische Perspektiven auf Neuanfänge in Deutschland und Europa der Nachkriegszeit“ im Schloss Glienicke aus. Die internationale Konferenz beleuchtet jüdische Perspektiven hinsichtlich existenzieller, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und intellektueller Neuanfänge im ideologisch-politisch geteilten Deutschland und Europa bis zum Bau der Mauer im Jahre 1961. Es werden Erfahrungswelten jüdischer Rückkehrer, Displaced Persons und die Arbeit von Hilfsorganisationen vorgestellt sowie jüdische Identitäts- und Entscheidungsfindungen im Kontext der sich im Wandel befindenden europäischen Gesellschaften aufgezeigt, und es wird über Fragen der Wiedergutmachung, der Abrechnung mit Nationalsozialisten sowie der justiziellen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen debattiert.
Die Tagung ist zugleich Teil des Jubiläumsjahres der Leo Baeck Institute, die vor 70 Jahren als Forschungsinstitutionen deutsch-jüdischer EmigrantInnen gegründet wurden.
Im öffentlichen Abendprogramm präsentieren Meret Becker und Dietmar Loeffler Teile ihres Programms „Nachtblau. Chanson für eine Abwesende“.
Davor stellen Miriam Rürup und Lisa Sophie Gebhard das neue digitale Projekt zur deutsch-jüdischen Diaspora vor.
Veranstaltungsort: Schloss Glienicke/Stiftung preußische Schlösser und Gärten Berlin/Brandenburg
Kooperationspartner: Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft des Leo Baeck Instituts in der Bundesrepublik Deutschland, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien, Bundeszentrale für politische Bildung
Kontaktpersonen: Miriam Rürup und Martina Bitunjac
Anmeldung bis spätestens 30. April an: tagungen-mmz@uni-potsdam.de
Vorläufiges Programm: www.mmz-potsdam.de/aktuelles/veranstaltungen/2025/80-jahre-kriegsende-juedische-perspektiven-auf-neuanfaenge-in-deutschland-und-europa-der-nachkriegszeit

EAIS-Jahreskonferenz im September in Potsdam
Die 13. Jahreskonferenz der European Association for Israel Studies (EAIS) wird vom 14. September bis 16. September 2025 in Potsdam zum Thema „Navigating Dire Straits: Israeli Polity in the Times of Crises“ stattfinden. Gemeinsam mit der EAIS fungiert das MMZ als Gastgeber dieser Konferenz. Sie bringt Israel-Wissenschaftler:innen aus verschiedensten Ländern ebenso zusammen wie Fachleute aus den Jüdischen Studien, den Geschichts-, Politik- und Kulturwissenschaften, Migrationsstudien und der Konfliktforschung. Das Hauptaugenmerk der Konferenz liegt auf den aktuellen Krisen, mit denen der Staat Israel nach innen wie nach außen konfrontiert ist, einschließlich der Auswirkungen der Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023, der nachfolgenden Kriege und der innenpolitischen Polarisierungen seit Ende 2022/Anfang 2023. Geplant sind auch allgemeine Beiträge und Round-Tables zur Friedens- und Konfliktforschung. Den Call for Papers (CfP) zu dieser englischsprachigen Konferenz finden Sie hier: www.mmz-potsdam.de/aktuelles/meldungen/2025/call-for-papers-13th-eais-annual-conference-on-israel-studies-potsdam-14-16-september-2025
Mehr Informationen zur Geschichte, Arbeitsweise und Organisation der European Association for Israel Studies finden Sie hier: israelstudies.eu
3 / Projekte

Interdisziplinäres Projekt ASJUST ist abgeschlossen
Ende Januar 2025 ist das interdisziplinäre Forschungs-Pilotprojekt „Struggling with Justice: Antisemitismus als justizielle Herausforderung (in Deutschland)“ zu seinem Abschluss gekommen. Hier hatte das MMZ mit Rechtswissenschaftler:innen der Universitäten Gießen, Heidelberg und Berlin (Humboldt-Universität) sowie mit Mitarbeitern der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) kooperiert. Untersucht wurde u.a., wie Staatsanwaltschaften und Gerichte in Deutschland bisher mit antisemitischen Straftaten umgehen, inwiefern die aktuelle Rechtsprechung Antisemitismus als spezifische Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit tatsächlich erfasst, und inwiefern das heutige Strafrecht wirksam zur Anwendung kommt. MMZ und RIAS beschäftigten sich ihrerseits vor allem mit der jüdischen „Innenperspektive“, d.h. mit den bisherigen Erfahrungen, die jüdische Gemeinschaften, Netzwerke und auch Einzelpersonen in Deutschland mit der Justiz machen. Alisa Jachnowitsch und Olaf Glöckner konnten Interviews in insgesamt zehn jüdischen Gemeinden führen und diese auswerten. Es zeichnet sich ab, dass die bisherigen Erfahrungen der Gemeinden sehr unterschiedlich ausfallen und lokale Gegebenheiten und Kontakte eine große Rolle spielen. Die Ergebnisse sämtlicher ASJUST-Projekt-Partner fließen sowohl in einen interdisziplinären Projekt-Sammelband wie auch in (Fort-)Bildungsbausteine speziell für Juristen und für die juristische Ausbildung in Deutschland (u.a. Richterakademien) ein. Die im Herbst 2021 gestartete Förderung des ASJUST-Projektes erfolgte durch das BMBF- Förderprogramm „Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus – Forschungsverbünde“.

Das MMZ und der Arbeitskreis „Jüdische Wohlfahrt“ haben eine Kooperationsvereinbarung geschlossen
Der Arbeitskreis „Jüdische Wohlfahrt“ wurde 2002 mit der Zielsetzung gegründet, die Geschichte der jüdischen Wohlfahrt und Sozialpolitik in Deutschland zu erforschen und damit eine vorhandene Lücke zu schließen. Ihm gehören aktuell ca. 20 Mitglieder an, zudem ist er mit der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) durch eine langjährige intensive Zusammenarbeit verbunden. Er war bisher beim Steinheim Institut in Essen angesiedelt. Diese Kooperation wechselt zum Frühjahr ans MMZ und wird in Potsdam federführend von Prof. Dr. Sabine Hering (Potsdam) gemeinsam mit Prof. Dr. Gerd Stecklina (München) vorangetrieben. Im MMZ sind Anna-Dorothea Ludewig und Miriam Rürup die Ansprechpartnerinnen.
4 / Berichte

Ausstellung zum Landwerk Ahrensdorf verlängert
Die seit dem 19. November 2024 in der Galerie des Kreishauses Teltow-Fläming in Luckenwalde präsentierte Ausstellung (wir berichteten im Dialog #102) zum ehemaligen Landwerk Ahrensdorf wurde verlängert und kann noch bis zum 30. März 2025 besichtigt werden. Von 1936 bis 1941 wurden im Landwerk Ahrensdorf jüdische Jugendliche auf ihre Auswanderung ins Britische Mandatsgebiet Palästina/Erez Israel und ein Leben im Kibbuz vorbereitet. Im Zentrum der Ausstellung stehen die Geschichte des Landwerks Ahrensdorf sowie die Biografien der dortigen Hachschara-Teilnehmer:innen, die anhand von Fotos, Dokumenten und Erinnerungen dargestellt wird.
Die Ausstellung wurde in Kooperation mit dem Museum des Teltow erstellt und von der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung finanziert.
Weitere Informationen: www.politische-bildung-brandenburg.de/veranstaltungen/wir-lebten-wie-auf-einer-insel-einem-immer-stuermischer-werdenden-meer-ester

Neuer Eintrag auf „Hachschara als Erinnerungsort“
Das Datenbankprojekt „Hachschara als Erinnerungsort“ informiert über die Geschichte der Hachschara und stellt detaillierte Informationen zu den einzelnen Hachschara-Stätten zur Verfügung. Sukzessive werden neue Beiträge zu einzelnen Orten veröffentlicht, wie aktuell zum ehemaligen Landwerk Neuendorf, welches von 1932 bis 1943 bestand. Harald Lordick, welcher auch im wissenschaftlichen Beirat des Projekts „Hachschara als Erinnerungsort“ vertreten ist, stellt in seinem Beitrag alle wichtigen Aspekte rund um die Ausbildung jüdischer Jugendlicher in Neuendorf in den Vordergrund. Ein Blick auf die Geschichte des Ortes lohnt sich sehr, wie auch ein Besuch vor Ort: Dank der Arbeit des Vereins Geschichte hat Zukunft – Neuendorf im Sande e.V. (geschichte-hat-zukunft.org) vermitteln heute Kulturveranstaltungen, Ausstellungen und Gedenkzeichen die historische Bedeutung dieser ehemaligen jüdischen Ausbildungsstätte.
Zum Beitrag: https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/1

Internationale Konferenz „Jewish Cultural Heritage in Light of Critical Heritage Studies“ des DFG-Schwerpunktprogramms „Jüdisches Kulturerbe“ (SPP 2357)
Vom 3. bis 6. März 2025 fand die internationale Konferenz „Jewish Cultural Heritage in Light of Critical Heritage Studies“ im Gustav-Stresemann-Institut in Bonn statt. Organisiert wurde sie vom DFG-Schwerpunktprogramm „Jüdisches Kulturerbe“ (SPP 2357). Unsere Kolleginnen Anna-Dorothea Ludewig und Laura Brüggemann haben im Rahmen ihrer Arbeit im Forschungsprojekt „Jewish Film Heritage“ teilgenommen. Vor Ort gab es Gelegenheit, sich mit den anderen Forschungsprojekten aus dem Schwerpunktprogramm sowie internationalen Teilnehmer:innen auszutauschen.
Die Konferenz widmete sich den verschiedenen materiellen und immateriellen Erscheinungsformen des jüdischen Kulturerbes aus der Perspektive der Critical Heritage Studies. Zentrale Themen waren Erbeprozesse unter kritischer Berücksichtigung von Aspekten wie Macht, Identität oder Konflikten. Ein besonderes Anliegen der Organisator:innen war die Verortung des jüdischen Kulturerbes in der Gegenwart, da Menschen in der Gegenwart die Verantwortung für die Bewahrung des jüdischen Erbes übernehmen, es interpretieren, mit Bedeutung(en) versehen und fortschreiben.
Das viertägige Programm umfasste eine sehr breite Palette an Themen:
Die Konferenz wurde offiziell von Sarah Ross (Direktorin des Europäischen Zentrums für Jüdische Musik und Sprecherin des SPP Jüdisches Kulturerbe) eröffnet, gefolgt von einer Rede seitens der Deutschen UNESCO-Kommission und einem Keynote-Vortrag von Edwin Seroussi (Hebrew University of Jerusalem u.a.) über musikalisches jüdisches Erbe.
In verschiedenen Panels wurden Themen wie zeitgenössische jüdische Identitäten in Europa, jüdisches Erbe im Kontext von Migration und kultureller Anpassung, jüdische Sozialarbeit, Bildungspraktiken oder die Rolle von Technologie und Raum in der Bewahrung jüdischen Erbes durch Vorträge zur Diskussion gestellt.
In Keynote-Panels und Podiumsdiskussionen diskutierten Expert:innen u.a. über Jüdisches Erbe, das durch Krieg geprägt wurde, europäische Kulturerbelandschaften oder säkulares jüdisches Erbe. In letzterem war Anna-Dorothea Ludewig vertreten, die Perspektiven aus unserem Forschungsprojekt „Jüdisches Filmerbe“ in die Diskussion einbrachte.
Die Konferenz ermöglichte die kritische Auseinandersetzung mit jüdischem Kulturerbe und seiner Autorisierung. Sie trug dazu bei, bisherige wissenschaftliche, denkmalpflegerische und kulturpolitische Arbeiten auf diesem Gebiet kritisch zu reflektieren, wobei auch Konfliktlinien zwischen den verschiedenen Akteur:innen und Disziplinen sichtbar wurden.
5 / Mediathek

Neue Staffel des Podcast „Jüdische Geschichte Kompakt“ zum Thema „1945 – Eine lange Zäsur“
Am 7. / 8. Mai jährt sich dieses Jahr zum 80. Mal die Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Auch wenn der Zweite Weltkrieg damit noch nicht überall vorbei war, wird dieses Datum gemeinhin als Kriegsende gelesen. Welche Bedeutung diesem Datum zugeschrieben wurde, welche Konsequenzen es für das eigene Leben hatte, wie es ein Teil der deutschen Erinnerungskultur wurde und welchen Einfluss dies auf einen Neuanfang jüdischen Lebens in Deutschland hatte, wird die Staffel genauer nachgehen. Im Intro geben Miriam Rürup (MMZ), Anna Menny (IGdJ) und Björn Siegel (IGdJ) Einblicke in die Konzeptionsideen der nun online geschalteten Staffel und legen den Fokus auf die Relevanz dieser Fragen bis heute und damit auf diese „lange Zäsur“.
Link zum Intro:
juedischegeschichtekompakt.podigee.io/76-15_0_intro-zur-15_staffel-mit-miriam-ruerup_anna-menny_bjoern-siegel

Recycling rechtsradikaler Ideologie nach dem Nationalsozialismus
Marie Müller-Zetzsche, wissenschaftliche Mitarbeiterin am MMZ, die in den kommenden Monaten ihr Forschungsprojekt über das Recycling rechtsradikaler Ideologie nach 1945 abschließt, war zu Gast im Podcast des ZZF. Dort führte Tim Schleinitz ein Gespräch mit ihr über Ideologieproduktion, politische Einflussnahme und die Frage, was das mit unserer Gegenwart zu tun hat.
Link zur Folge:
https://zzf.podigee.io/38-rechtsradikale-zeitschriften
6 / Publikationen

Das Buch von Sebastian Venske geht der Frage nach, ob der bekannte Anarchist Gustav Landauer (1870–1919) auch als jüdischer Intellektueller gelten kann und wie er in die jüdische Geistes- und Kulturgeschichte seiner Zeit einzuordnen ist. Dabei wird ebenfalls der Einfluss seines Aufwachsens und der von ihm als jüdisch verstandenen angeeigneten Traditionen auf sein Werk untersucht.
Als intellektuelle Biografie entfaltet das Buch die chronologische Entwicklung Landauers im Laufe seines Lebens und zeigt Brüche, Wendungen und Kontinuitäten auf. Dazu werden Texte und Briefe ausgewertet und analysiert sowie die Freundschaft zu Martin Buber besonders in den Blick genommen, um Landauers Entwicklung nachzuvollziehen. Seine Entwicklung wird durch die jüdische Kultur- und Geistesgeschichte des Kaiserreiches kontextualisiert.
Es ist die erste umfassende Studie zu Gustav Landauer vor dem Hintergrund der jüdischen Geistes- und Kulturgeschichte. Das Ergebnis des Promotionsprojekts bringt den bisherigen Forschungsstand zusammen und reflektiert diesen kritisch. Außerdem wertet die Studie bekanntes Archivmaterial aber auch neue Archivfunde aus. Damit ergibt sich ein neues Fundament für die zukünftige Landauerforschung in diesem Bereich.
Sebastian Venske: Gustav Landauer als jüdischer Intellektueller? Eine Biografie (= Europäisch-jüdische Studien, Bd. 76). Berlin, Boston: De Gruyter Oldenbourg, 2025. doi.org/10.1515/9783111577661

In den 1970er Jahren wurden queere Juden von den Entwicklungen der Schwulenbewegung in den USA und Europa begeistert. Bis dahin konnten sie ihr Schwulsein in den jüdischen Gemeinden nicht zum Ausdruck bringen und hofften auf neue integrative Räume. Sie stellten jedoch schnell fest, dass die Bewegung nicht so einladend war wie erwartet. So begannen sie, sich zu organisieren: Im Februar 1972 trat die weltweit erste jüdische Queer-Gruppe in London mit ihrem Symposium „The Jewish Homosexual in Society“ an die Öffentlichkeit. Die Jewish Gay Group begann, sich mit der Ausgrenzung nicht-heteronormativer Juden in den britischen jüdischen und queeren Gemeinschaften auseinanderzusetzen. Bald darauf bildeten sich zwei weitere jüdische Queer-Gruppen: Beit Haverim („Haus der Freunde“) in Paris und Sjalhomo (ein Neologismus aus „Schalom“ und „homosexuell“) in Amsterdam. Diese Gruppen verfolgten nicht nur das Ziel der Emanzipation, sondern brachten ihre Mitglieder auf der Grundlage gemeinsamer Erfahrungen als Juden und Homosexuelle zusammen und eröffneten so dringend benötigte Räume für soziale Begegnungen. Die Gruppen bauten auch ein europaweites Unterstützungsnetzwerk auf, das mehr als ein Jahrzehnt lang eine internationale Zusammenarbeit ermöglichte. Die Studie archiviert die Geschichte queerer jüdischer Gruppen und ihrer Netzwerke. Auf diese Weise erweitert sie die vorherrschenden Erzählungen über das europäische Judentum nach dem Zweiten Weltkrieg und stellt die Disziplin der jüdischen Geschichte auf den Kopf.
Jan Wilkens: Queer Jewish Groups in Europe (1972–1990s). Archiving Their Histories and Network (= Europäisch-jüdische Studien, Bd. 73). Berlin, Boston: De Gruyter Oldenbourg, 2025. (erscheint am 31. März)